Der Ochsenkrieg im Jahr 1422

Ein Bericht von Wolfgang Lanzinger

Als „Ochsenkrieg“ bezeichnet der Haager Geschichtsforscher Rudolf Münch die militärische Auseinandersetzung zwischen der Grafschaft Haag unter Georg III. und dem Herzogtum Bayern-Landshut unter Heinrich XVI. in den Jahren 1421 bis 1422. Die Benennung geht zurück auf den gleichnamigen Roman von Ludwig Ganghofer aus dem Jahr 1914, der die damaligen Ereignisse literarisch verarbeitet hat, allerdings mit künstlerischer Freiheit ins Berchtesgadener Land verlagert.

Seit der sogen. 3. Landesteilung im Jahr 1392 bestanden in Altbayern drei gleichberechtigte Herzogtümer nebeneinander, mit den Regierungssitzen Ingolstadt, Landshut und München. 1420 entbrannte der „Bayerische Krieg“ zwischen Heinrich dem „Reichen“ von Bayern-Landshut und seinem aggressiven Cousin Ludwig VII. dem „Gebarteten“ von Bayern-Ingolstadt. Der Haager Graf Georg III. aus dem Geschlecht der Fraunberger versuchte, diese Situation auszunutzen und als Verbündeter Ludwigs in der Auseinandersetzung gegen Heinrich die Macht seiner Grafschaft auszubauen. Trotz überraschender militärischer Siege gegen den niederbayerischen Herzog brachte Georg dieser Krieg aber letztlich nichts ein.

1421 stürmte Georg mit seinem „Haager Fähnlein“ die Burg Giebing (im heutigen Hofgiebing) und brannte sie nieder; im März 1422 nahm er das stark befestigte Dorfen ein, seine Ritter plünderten und verwüsteten den Markt und schändeten angeblich auch die Marienkirche auf dem Berg. Die Dorfener Befestigungsanlage, bestehend aus einem doppelten Wassergraben und dazwischen einem Wall mit spitzen Holzpalisaden, reichte offenbar nicht aus, um den Markt vor feindlichen Angriffen zu schützen. Fundamente dieses „inneren Rings“ des Herzoggrabens konnten jetzt bei der laufenden archäologischen Grabung in der Apothekergasse freigelegt werden.

Im weiteren Verlauf des Kriegsjahres 1422 brannte Georg mit seinem Wasserburger Bundesgenossen Balthasar Muracher im Erdinger Land die Dörfer Harthofen, Reithofen, Tading und Hammersdorf, dann u. a. Reisen und Eitting, Oberding, Niederding, Aufkirchen und Notzing sowie mehrere Dutzend niederbayerische Dörfer nieder. Bei der Entscheidungsschlacht bei Alling (nahe Fürstenfeldbruck) wurden die Ingolstädter allerdings am 19. September 1422 vernichtend geschlagen. Graf Georg versank dabei mit seinem gepanzerten Schlachtross im Sumpf des Starzelbach-Mooses und wurde von Truppen des Herzogs gefangen genommen. Erst gegen die Zahlung von Lösegeld kam er frei und schloss sich daraufhin dem siegreichen Landshuter Herzog an.

Schließlich ist dokumentiert, dass der Oberdorfener Pfarrer Eberhard Steinkirchner 1425 beim Heiligen Stuhl einen Ablass beantragt hat, offenbar, um auf diese Weise Spenden und Almosen für den Wiederaufbau der zerstörten Marienkirche zu akquirieren. Papst Martin V. bewilligte diesen auf sieben Jahre befristeten Ablass.

Als 1975 auf dem Dorfener Ruprechtsberg der Karner (= Gebeinhaus) unterhalb der Schulterwundenkapelle geöffnet wurde, kamen die sterblichen Überreste zahlreicher Menschen zum Vorschein, die mit ziemlicher Sicherheit Opfer des Ochsenkrieges 1422 waren. Pfarrer Eigner hat sie dann im nördlichen Kirchhof bestattet. Der Karner ist anschließend restauriert und als Kapelle neu gestaltet worden. In der Karwoche ist darin immer das Heilige Grab aufgebaut. Im Karner erinnert auch eine – ebenfalls von Pfarrer Eigner initiierte – Gedenkplatte an die „Toten der Sebastiani-Bruderschaft der Armbrust- u. Bogenschützen, gefallen bei der Verteidigung ihrer Heimat 1422“.